Lebenspraktische Fähigkeiten (LPF)

Geburtsblinde und stark Sehbehinderte müssen lebenspraktische Handlungen intensiv lernen. Nur so können sie den Alltag autonom meistern. Deshalb ist der Unterricht in lebenspraktischen Fähigkeiten (LPF) in die Schule und das Wohnen integriert.

Vielseitige Förderung

Sehbehinderung und Blindheit verändern das Erlernen von alltäglichen Fertigkeiten erheblich. Sehr viele dieser Fertigkeiten werden üblicherweise durch Nachahmung gelernt (Vormachen – Nachmachen). Das Lernen durch Nachahmung ist für Menschen mit einer Sehbehinderung aber nur teilweise möglich, für Blinde ist es gar unmöglich.
Als selbstverständlich angesehene Alltagshandlungen und Handgriffe werden zum Problem, weil weder das betroffene Kind noch seine Eltern wissen, wie man etwas ausführen soll, das man mit den Augen nicht kontrollieren kann.

Das Ziel des Unterrichts in LPF ist eine weitgehend unabhängige, selbstbestimmte Lebensführung. Der Unterricht wird den individuellen Erfordernissen entsprechend geplant und durchgeführt.

Welchen Förderbedarf ein sehbehindertes oder blindes Kind hat, zeigt sich in all seinen Lebensbereichen und -orten.
Entsprechend begleitet und unterstützt die LPF-Fachperson die Kinder und Jugendlichen an ihren verschiedenen Lern- und Lebensorten. Damit der LPF-Unterricht erfolgreich ist, müssen auch die Bezugspersonen (Eltern, Mitarbeitende der Wohngruppen) in die Arbeit miteinbezogen werden, so dass sie die Betroffenen im Alltag unterstützen können.

Bei den Schülerinnen und Schülern mit einer mehrfachen Behinderung fördern die Ergotherapeutinnen die lebenspraktischen Fähigkeiten.

Handlungen des Alltages praktisch lernen

Der Alltag erfordert auch von Sehbehinderten und Blinden, dass in den verschiedenen Lebensbereichen unzählige Handlungen automatisiert ausgeführt werden.

Ordnen – handeln – kommunizieren

  • Umgangsformen: Kommunikation, sich zurechtfinden bei Tisch
  • Orte: zu Hause, am Arbeitsplatz, in der Schule (Schulzimmer, Pult, Schultasche, Turnhalle)
  • Bürotechniken: Locher, Büroklammern, kopieren
  • Geld: Noten und Münzen erkennen, Geldautomaten bedienen
  • Freizeit: Hobbys finden und pflegen, im Freizeitverein mitmachen
  • eine eigene Unterschrift entwickeln und anwenden

An- und Entkleiden, Kleiderpflege

Das äussere Erscheinungsbild ist in unserer Gesellschaft wichtig. Das ist auch auch für sehbehinderte und blinde Menschen so.

  • Begriffe im Zusammenhang mit Kleidern kennen
  • passende Kleider finden
  • verschiedene Verschlusssysteme handhaben
  • Schmutzwäsche aussortieren
  • Kleider zusammenlegen, an den Bügel hängen
  • Schuhe binden und putzen.

Essen und Trinken

Eine besonders vielfältige und wichtige Kulturtechnik ist das Essen und Trinken mit all seinen Konventionen

  • Orientierung bei Tisch
  • Handhabung des Bestecks (Schneidetechniken, Zusammenschieben)
  • Einschenken
  • Tischmanieren

Körper- und Gesundheitspflege

Körperhygiene und Gesundheitspflege betreffen besonders ab der Pubertät auch intime Bereiche, in welchen Selbständigkeit wichtig ist

  • Körperhygiene (Hände waschen, Zahnpflege, Duschen, Kontaktlinsen und Prothesen handhaben)
  • Gesundheit: Medikamente dosieren und einnehmen, Umgang mit Verletzungen.

Kochen und Haushalt

Selbständigkeit heisst unabhängig sein. Der Haushalt bietet dazu im Alltag Herausforderung und Bestätigung

  • Orientierung in der Küche, wiegen, schneiden, verschiedene Kochtechniken, abwaschen
  • Verpackungen öffnen und schliessen
  • Betten beziehen
  • Umgang mit Werkzeug
  • Massnahmen zur Unfallverhütung